Marktinformationen: Nervöse Kapitalmärkte

von | Jan 18, 2016 | Anlegerinformationen, Geldanlage, Kapitalmarktanalysen

Die Börsen sind denkbar schlecht ins neue Jahr gestartet. Ausgelöst durch die Turbulenzen am chinesischen Aktienmarkt und durch die weitere Abwertung der chinesischen Währung befinden sich die Aktienmärkte auf einer rasanten Talfahrt.

Die entscheidende Frage lautet nun wieder einmal, ob dies der Beginn eines ausgeprägten Bärenmarktes ist oder lediglich eine kurzfristige emotionale Überreaktion? Bislang weisen die Fundamentaldaten für 2016 weiterhin auf ein globales Wirtschaftswachstum von ca. 3 % hin. Eine Rezession, die einen Bärenmarkt rechtfertigen würde, ist momentan also noch nicht zu erkennen. Jedoch handeln die Börsen immer die Zukunft und die Fundamentaldaten könnten sich noch in den kommenden Monaten verschlechtern. Die Geldpolitik bleibt global gesehen expansiv, auch wenn die Nettokäufe von Finanzaktiva durch die Notenbanken weltweit in den vergangenen Monaten erstmals seit Jahren negativ waren. Die Aktienbörsen müssen also von alleine laufen und es fällt ihnen sichtlich schwer.

2016 wird also ein sehr schwieriges Jahr für Anleger. Der extrem negative Jahresauftakt verheißt nichts Gutes. Die Risikobudgets vieler Anleger (insb. konservativer Anleger wie bspw. große Pensionsfonds) sind bereits komplett aufgebraucht und sie sind gezwungen „Risiko“-Positionen (z.B. Aktien) zu verkaufen. Daher gehe ich davon aus, dass wir auch in den kommenden Tagen weiter fallende Märkte sehen werden.

Bislang gehe ich jedoch nicht von einem ausgeprägten Bärenmarkt aus und die aktuellen Umstellungen in den Depots (spätestens in dieser Woche) erfolgen entsprechend der mittel- bis langfristigen strategischen Ausrichtungen der jeweiligen Portfolien. Es erfolgt also (noch) keine Absicherung! Die weitere Entwicklung an den Börsen gilt es jedoch genau im Auge zu behalten. Sollte in den kommenden Tagen/Wochen verschiedene Kursniveaus unterschritten werden, werden wir einen Großteil der Portfolien absichern müssen.

Gründe für den weltweiten Kurseinbruch
Die Turbulenzen in China beziehen sich auf den Aktien- und den Währungsmarkt. Der heimische chinesische Aktienmarkt (also die sog. A-Aktien) ist jedoch nur sehr wenig international verflechtet und er spielt keine dominante Rolle für die chinesische Wirtschaft. Es handelt sich vielmehr um ein Zockerspielplatz für die chinesische Bevölkerung (Chinesen sind, im Vergleich zu Anlegern aus westlichen Ländern, sehr viel risikofreudiger bei ihrer Geldanlage). Die Entwicklung auf der Währungsseite war also wohl der entscheidende Auslöser für die starken Kursverluste an den Börsen.

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Makroüberlegungen zu Währungen werden zu oft ohne den „Wirt“ gemacht. Noch im Jahr 2012 waren sich die Marktteilnehmer einig, dass der Renmimbi zukünftig nur noch an Wert gegenüber anderen Währungen (z.B. dem US-Dollar) steigen kann. China erschien übermächtig und die wirtschaftliche Entwicklung so stark, dass es zwangsläufig zu einer Aufwertung der Währungen kommen würde. Aber der gegenüber dem US-Dollar immer stärker werdende Renmimbi hat die chinesische Wirtschaft in den vergangenen Jahren stark belastet. China hat sich deshalb wohl in den von mir in früheren Newslettern bereits beschriebenen Abwertungswettbewerb der Währungen eingereiht. Bereits im letzten Jahr kam es zu einer ersten kräftigen Abwertung. Dazu wirken nun auch die Kräfte der eingeleiteten Liberalisierung im chinesischen Währungsbereich. Erst vor kurzer Zeit wurde die chinesische Währung in den Währungskorb des IWF, auf den sich die Sonderziehungsrechte beziehen, aufgenommen. Dies war nur möglich durch verschiedene Liberalisierungen der immer noch sehr stark staatlich kontrollierten chinesischen Währung.

Zudem hat sich China aktuell wohl dazu entschieden, den Renmimbi nicht mehr in einem vorgegeben Handelskorridor nur gegenüber dem US-Dollar, sondern jetzt gegenüber einem Währungskorb zu handeln. Dies wurde erneut nur sehr schlecht kommuniziert und hat die Märkte total überrascht. Das starke Abschmelzen der Währungsreserven ist ein klarer Beleg dafür, dass ein enormer Druck auf die chinesische Währung besteht. Die chinesische Notenbank musste im vergangenen Jahr sehr stark intervenieren. Nicht destotrotz sind die chinesischen Währungsreserven (mit über 3.300 Mrd. US-Dollar exklusive Gold) weiterhin sehr, sehr hoch und bereitem mir momentan noch keine Sorgen. Zudem wird der Renmimbi irgendwann wohl selbst eine internationale Leitwährung werden, wodurch Währungsreserven dann so nicht mehr notwendig sind.

Seit Jahren ist aber zu erkennen, dass das Wachstum in China rückläufig ist. Die Zahlen aus dem Reich der Mitte sind ohnehin sehr mit Vorsicht zu genießen, aber es gibt doch klare Anzeichen für die Wachstumsschwäche. Der Einbruch der globalen Frachtraten für den Schiffstransport von Basisrohstoffen, der massive Rückgang der globalen Rohstoffpreise und auch die schwachen Zahlen des „China Momentum Indicators“ zeigen die Schwäche deutlich. Letzterer misst die Entwicklungen im sekundären Sektor (also der Industrie). Dieser Sektor war der Motor für das rasante Wachstum der Vergangenheit. Dort liegt das Wachstum jetzt nur noch bei ca. 3 % (Tendenz stark fallend). China hat zudem eine solche Infrastruktur aufgebaut, dass dies für die kommenden 10 Jahre mehr als ausreichend sein dürfte. Damit bekommen Branchen wie der Maschinenbau oder die Rohstoffproduzenten aufgrund des Nachfragerückgangs aus China unter Druck.

Das neue China setzt jetzt auf Konsum, Umweltschutz, Alterspflege, Software usw. Ein solcher Transformationsprozess innerhalb einer so großen Wirtschaft läuft natürlich nicht ohne Friktionen ab. Jedoch droht in China keine Rezession sondern ein realistisches Wachstum zwischen 4- 6 % p.a. (auch wenn die offiziellen Zahlen wohl wieder eher zwischen 6,5 und 7,5 % liegen dürften). Auch zeigen bislang alle Wirtschaftsdaten auf ein globales Wirtschaftswachstum von ca. 3 % hin.

Die Zinssteigerung in den USA hat, wie erwartet, bei den Langläufern keine Zinssteigerung gebracht. Durch das Anheben der Leitzinsen haben sich die Zinsen am kurzen Ende etwas erhöht und die Zinskurve ist abgeflacht. Jedoch weißt die Zinskurve in den USA im Verhältnis z.B. zu Deutschland, der Schweiz oder Japan noch den „steilsten“ Verlauf auf. Die Marktteilnehmer erwarten weiterhin nur zwei weitere kleine Zinsschritte für 2016, während die Fed nach wie vor von 4 Steigerungen ausgeht. Es gibt in vielen bedeutenden Volkswirtschaften also immer noch keinen Zins und Anleger müssen Ihre Rendite in anderen Assetklassen erzielen.

In den USA nehmen die Rezessionsängte momentan zu. Die dortige Industrie wird durch den starken Dollar von Wachstumsproblemen geplagt. Der US-High-Yield-Markt ist von z.Zt. von Turbulenzen geprägt. Der US-Dollar wird jedoch voraussichtlich gegenüber dem Euro in den kommenden Monaten wieder schwächer werden, da die Renditespreads zwischen den US-Treasuries und den Bunds wohl zurückgehen werden. Zudem ist der Euro von den großen Währungen handelsgewichtet am stärksten untergewichtet. Die Aufwertung des Euro wäre also auch fundamental gerechtfertigt. Zudem gingen fast alle Wirtschaftsabschwächungen mit einer deutlichen Abschwächung des Immobiliensektors einher. Der Wohnimmobilienmarkt ist aufgrund seiner Sensibilität gegenüber Veränderungen des monetären Umfelds frühzyklisch und hat sich daher im Vorfeld jeder US-Rezession deutlich abgekühlt. Die letzten Zahlen zeigen jedoch einen stabilen Wohnimmobilienmarkt. Daher gehe ich weiterhin von einem moderaten Wachstum in den USA aus.

Beim Öl besteht immer noch ein klares Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Die USA erleben zum ersten Mal in ihrer Geschichte, dass ein Preisrückgang beim Öl nicht nur positive Auswirkungen mit sich bringt. Einige Bereiche der Energieindustrie haben in den vergangenen Jahren sehr große Kapazitäten aufgebaut und diese werden jetzt massiv heruntergefahren. Dies belastet die US-Wirtschaft. Ein Ölpreis von unter 30 US-Dollar war noch vor kurzer Zeit undenkbar und ist jetzt Realität. Was könnte ein Auslöser für eine Trendwende sein? Nur eine Änderung des Angebot-/Nachfrageverhältnisses kann den Ölpreis wieder nach oben bringen. Da es bislang jedoch keine Bestrebungen gibt, die Angebotsmenge zu verringern (durch die angestrebte Fördermenge des Irans könnte sie sich sogar noch vergrößern) scheint dies in den kommenden Monaten eher unwahrscheinlich zu sein. Auch die Kürzungen der Sozialleistungen in Saudi-Arabien weisen darauf hin, dass man sich dort auf einen langfristig niedrigen Ölpreis einstellt.

Neben diesen Faktoren gibt es eine Vielzahl geopolitischer Krisen und Spannungen. Politische Börsen haben zwar in der Regel „nur kurze Beine“, aber in einem Umfeld nervöser Kapitalmärkte, könnte jede Krise ein weiteres deutliches Abrutschen mit sich bringen.

Fazit und Portfolioausrichtung
Die Stimmung an den Kapitalmärkten ist schlecht und durch die heftigen Kursverluste der letzten Tage befinden sich einige Börsen bereits in einen sog. Bärenmarkt. Bislang weisen die Fundamentaldaten aber noch auf keine Rezession hin, die eine solche negative Marktreaktion rechtfertigen würde. Aber die Kurse machen oftmals die Nachrichten und es könnten Anpassungen notwendig werden.

Volatilität gehört zu den Börsen und wir bleiben zunächst bei den mittel- bis langfristigen strategischen Ausrichtungen der Portfolien. Gleichzeit werde ich die weitere Entwicklung an den Börsen genau beobachten und ggf. zeitnah die Portfolien absichern.

In den kommenden Wochen sollten Sie oftmals an folgende Aussage von Warren Buffett (amerikanischer Value-Investor, Chairman von Berkshire Hathaway) denken: „Sie fühlen sich gut, wenn Ihre Aktie steigt, und schlecht, wenn sie fällt. Ich fühle mich gut, wenn der Kurs meiner Aktien nach unten geht, weil ich dann noch mehr kaufen kann.“ Lassen Sie sich also nicht von einer möglichen Panik anstecken, sondern vertrauen Sie auf Verstand und Strategie.

Mit freundlichen Grüßen
Sascha Knapp

Dipl.-Ökonom Sascha Knapp
SK Finance Consulting

Finanzberater-des-Jahres-2014-Auszeichnung

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Über mich

Börsianer mit Leib und Seele. Jahrgang 1975. Geboren in Koblenz. Wohnorte Frankfurt am Main und Berlin. Seit über 25 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten.

Sascha Knapp

 

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