Schwarze Schwäne – Marktausblick 2022

von | Dez 23, 2021 | Anlegerinformationen, Geldanlage, Kapitalmarktanalysen, Marktinformationen, Vermögensberatung

In meinem Geldanlage Blog vom 18.10.2021 „Die Luft wird dünner“ hatte ich auf die möglichen Folgen einer restriktiveren Geldpolitik hingewiesen. Tapering (das Herunterfahren der umfangreichen Anleihekäufe durch die Notenbanken) und bevorstehende Zinserhöhung in den USA haben die Stimmung an den Börsen in den vergangenen Wochen deutlich eingetrübt und die Kurse Richtung Süden geschickt.

Die Abhängigkeit der Märkte von der Droge des billigen Geldes wurde wieder einmal sehr deutlich sichtbar. Seit der großen Finanzkrise 2008 haben die Notenbanken die Wirtschaft mit Geld geflutet. Zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19 Pandemie hat diese Flutwelle neue Höchststände erreicht.

fred assets securities held outright
Quelle: fred.stlouisfed.org – 21.12.2021

Allein in den USA ist der Bestand der Wertpapiere im Besitz der Notenbank seit 2008 um mehr als das 10-fache angestiegen. Wertpapiere im Wert von weit über 10.000.000.000.000 U.S. Dollar hält die US-amerikanische Notenbank Fed mittlerweile. Alles Schulden.

Ohne diese massive Unterstützung der Notenbanken wäre die Wirtschaft 2020 niemals so schnell und kraftvoll aus der Rezession gekommen. Die gesellschaftlichen Folgen einer langen und tiefen Rezession wären verheerend gewesen und sollten nicht unterschätzt werden. Die Hilfe war also richtig und wichtig.

Irgendwann jedoch müssen die Notenbanken auch wieder aus dem Rettungs-Modus aussteigen. Sie müssen einen Weg zur Normalisierung der Geldpolitik finden. Ob ihnen dies tatsächlich gelingt (Stichwort: Überschreitung des „point of no return“) und welche Auswirkungen es genau haben wird, ist unter Experten umstritten.

Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) kündigte auf ihrer jüngsten Sitzung an, den Kauf neuer Anleihen nicht im Sommer, sondern bereits im Frühjahr einzustellen. Diese schnellere Drosselung der Wertpapierkäufe gibt der Fed die Möglichkeit, die Zinsen im nächsten Jahr früher anzuheben als ursprünglich angenommen. Auch schafft sie sich damit mehr Spielraum für den voraussichtlich hitzigen Wahlkampf um den US-Senat mit der Wahl im November 2022.Die Leitzinsprognose der Fed zeigt nun, dass im kommenden Jahr drei Zinserhöhungen um jeweils 25 Basispunkte erwartet werden. Die geänderten Erwartungen der Fed und der Märkte erscheinen mit Blick auf Inflation und Arbeitsmarkt gerechtfertigt. Die US-Gesamtinflation beträgt 6,8 % und liegt seit neun Monaten über dem Richtwert, wobei sich der Inflationsdruck ausweitet. Zugleich ist die Arbeitslosenquote auf nur noch 4,2 % gesunken und wird laut Fed bis Ende nächsten Jahres voraussichtlich 3,5 % erreichen.

2022 im Zeichen schwarzer Schwäne

Als schwarzer Schwan (Black Swan) wird auf den Finanzmärkten ein unerwartetes und abruptes Ereignis von enormer Tragweite bezeichnet. Dabei ist nicht jeder überraschende „Einschlag“ gleich ein schwarzer Schwan. Wesentlich für einen schwarzen Schwan ist, dass das Ereignis außerhalb der „normalen Wahrscheinlichkeiten“ liegt und dieses Ereignis muss gravierende Auswirkungen auf die Menschen, die Natur und/oder auf die Wirtschaft haben. Auch wenn es im Nachhinein immer Anzeichen und Hinweise auf diesen bevorstehenden „Fat Tail“ gab, so sind diese doch nicht (sicher) prognostizierbar.

Mögliche schwarze Schwäne für 2022 sind schnell gefunden. Verschärfung der Corona-Pandemie, eine starke Konjunkturabkühlung in China mit ihren Folgen für die globalen Lieferketten und eine Liquiditätsverknappung durch die Zentralbanken infolge hoher Inflationsraten sind nur einige Beispiele.

Corona-Pandemie

Die neue Omikron Variante beschäftigt aktuell auch die Börsen. Schon kurz nach Weihnachten könnte diese vielfach mutierte, hoch ansteckende Version des Sars-CoV 2-Virus auch unsere Region wieder in harte Lockdowns zwingen. Die zu erwartenden Restriktionen werden erneut die wirtschaftliche Aktivität runterbremsen, mit erheblichen Folgewirkungen für das Wachstum in Q4 2021 und Q1 2022.

In den USA, wo die Siebentagesinzidenz schon unter der Delta-Variante aktuell wieder auf 274 gestiegen ist und wo nur 60,9% der Bevölkerung doppelt sowie gerade einmal 17,8% dreifach geimpft sind (jeweiliger Stand vom 21.12.21), droht Omikron unter der großen Zahl an Ungeimpften, immerhin weit über 100 Millionen Menschen, zu wüten.Selbst wenn die Krankheitsverläufe, die durch Omikron verursacht werden, größtenteils nicht so schwer zu sein scheinen wie bei den bisherigen Varianten (Studien deuten auf eine sehr hohe Vervielfältigungsrate des Virus in den oberen Atemwegen, aber langsame Replikation in der Lunge hin), würde dennoch durch die extrem große Zahl von Menschen, die sich gleichzeitig infizieren, das Gesundheitssystem an seine Grenzen gebracht. Außerdem würde, in den USA wie in Europa, das eintreten, wovor am Wochenende der Londoner Bürgermeister angesichts der Bilder aus seiner Stadt gewarnt hat, nämlich massenhafte krankheitsbedingte Personalausfälle bei kritischer Infrastruktur wie Polizei, Rettungswesen oder auch nur Müllabfuhr.

Grafik Coronavirus Weltweit 2021-12
Quelle: Statista – 21.12.2021

Welche genauen Auswirkungen die neue Variante mit sich bringt, lässt sich seriös noch nicht exakt beantworten. Das Sars-CoV 2 endemisch und damit für uns alle zu einem ebenso normalen Begleiter wie die jährliche Grippewelle wird, bleibt weiterhin das Basisszenario vieler Experten. Es sind nicht die Todesfälle – so schlimm diese für das Einzelschicksal auch sind – die bei Corona das gesellschaftliche Risiko darstellen (siehe auch Grafik oben – weltweite Todesfälle im Zusammenhang mit Corona seit 2020 ca. 5,37 Millionen – Stand 21.12.2021 – weltweite Todesfälle in diesem Zeitraum insgesamt über 110 Millionen), sondern die Gefahr der Überbelastung der Gesundheitssysteme. Ob Omikron, und damit die Entstehung immer neuer, noch effektiverer Varianten die Gefahr der Dauerbedrohung für die Gesundheitssysteme erhöht, bleibt abzuwarten. Die Omikron-Variante dürfte eindeutig das Hauptrisiko sein, das die Fed daran hindern könnte, im nächsten Jahr drei Zinserhöhungen vorzunehmen.

Starke Konjunkturabkühlung in China

Bisher war der Immobiliensektor in China mit einem Anteil von 25 % am BIP der Haupttreiber der Konjunktur. Hohe Leerstände, übertriebene Spekulationen, eine bald rückläufige Bevölkerung und der Versuch der chinesischen Führung geordnet Luft aus der Immobilienblase abzulassen (Stichwort „Evergrande“) lassen dies für die Zukunft nicht mehr erwarten. Die zu erwartende Wachstumsschwäche in China wird sich auch weltweit bemerkbar machen, da China in den vergangenen Jahren die Lokomotive für das Wachstum der Welt war.

Auch belasten die tiefgehenden staatlichen Eingriffe im Technologiesektor nicht nur das Vertrauen ausländischer Investoren. Es bleibt abzuwarten, ob die ungeheure Innovationskraft vieler chinesischer Privatunternehmen durch die harten Regulierungen nachhaltig beeinträchtigt wird und das Wachstum dadurch ebenfalls weniger stark ausfällt.

Die im internationalen Vergleich relativ hohen Zinsen in China stellen angesichts der erreichten hohen Verschuldung von Haushalten und Unternehmen zunehmend ein Problem dar. Es wird spannend zu beobachten sein, ob China sich gegen den weltweiten Trend steigender Zinsen stellen wird, um die Wirtschaft zu stützen oder ob die chinesische Führung zur Eindämmung der Spekulationsblasen die Zinsen oben belässt.

China hat bei der Bekämpfung der Pandemie stets mit drastischen Lockdowns reagiert. Dies hat unmittelbare negative Konsequenzen für die globalen Lieferketten. Reagiert China auch zukünftig so, besteht bei der sich rasant verbreitenden Omikron-Variante das Risiko einer erheblichen Beeinträchtigung des Wachstums. Die Probleme in den Lieferketten tragen auch zu einem Teil zu den weltweit aktuell sehr hohen Inflationszahlen bei.

Zudem zeichnet sich ab, dass China – anders als von vielen Polit-Experten bislang prognostiziert – zukünftig nicht nur als politische „Soft Power“ agieren wird, sondern bewusst eine härte Gangart in den internationalen Beziehungen spielen wird.

Alles in allem bietet die Entwicklung in China vielleicht das größte Potential zur Bildung eines schwarzen Schwans im Jahr 2022.

Geldpolitik und Inflation

Die aktuell sehr hohen Inflationszahlen werden im nächsten Jahr aufgrund von Basiseffekten und der nachlassenden Aufwärtsdynamik bei Rohstoffpreisen wieder sinken. Dennoch wird die Inflation deutlich höher ausfallen als im vergangenen Jahrzehnt. In 2022 wird die Inflation in den USA wahrscheinlich über 4 % und in Europa wahrscheinlich über 3 % liegen.

Die britische Notenbank hat vor einigen Tagen den Leitzins um 0,15 Prozentpunkte auf jetzt insgesamt 0,25 % angehoben und „stemmt“ sich gegen die hohe Inflation. Es ist der erste Zinsanhebung unter den G7-Staaten seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Auch die britische Notenbank befindet sich in einer schwierigen Zwickmühle. Auf der einen Seite ist die Inflation im Königreich hoch. Doch gleichzeitig breitet sich die Omikron-Variante rapide aus und bremst das Wirtschaftsgeschehen spürbar ab.

Viele Schwellenländer musste bereits Zinsanhebungen vornehmen, um die Inflation zu bekämpfen. In den USA erwartet der Markt, wie bereits oben geschrieben, jetzt 3 Zinsschritte im neuen Jahr. Sogar der Druck auf die EZB nimmt zu, die bislang Zinserhöhungen für 2022 kategorisch ausschließt.

Das Tapering der Fed und die erwarteten Erhöhungen der Leitzinsen sind bereits aktuell belastend für die Aktienmärkte. Die Verflachung der Zinskurve (steigende Zinsen bei kurzen und fallenden Zinsen bei langen Laufzeiten) an den Anleihemärkten interpretiert der Markt als Vorboten eines Konjunkturabschwungs. Die Zentralbanken wissen um die Möglichkeit eines Einbruchs des Aktienmarktes und werden deshalb sehr vorsichtig agieren.

Die alles entscheidende Fragen für das nächste Jahr wird also sein, ob die Inflationswerte im Jahresverlauf tatsächlich so kräftig abbröckeln wie von den Notenbanken angekündigt. Dann könnte der monetäre Anpassungsprozess langsam genug verlaufen und die Märkte nicht unter Druck bringen. Bleiben die Inflationszahlen aber hartnäckig auf diesen Rekordniveaus müssen die Notenbanken evtl. schneller und heftiger reagieren. Dies könnte die Märkte sehr stark belasten und zu einem heftigen Kurseinbruch führen.

Doch nur graue Enten?

Wichtig zu verstehen ist die Tatsache, dass die hier beschriebenen möglichen schwarzen Schwäne nur dann zu einer Gefahr für die Kapitalmärkte werden, wenn die heute im Konsens erwarteten Entwicklungen sich auf die eine oder andere Weise verschärfen. Ansonsten entpuppen sich die befürchteten schwarzen Schwäne lediglich als graue Entlein.

Erst wenn z.B. die Inflation höher bleibt als vom Konsens der Meinungen an den Märkten erwartet, wird sie sich negativ auf z.B. Aktien auswirken. Erst wenn die wirtschaftlichen Probleme in China sich als größer erweisen als man jetzt seriös abschätzen kann, wird daraus ein schwarzer Schwan.

Dies ist im Übrigen auch das wenig überraschende „Erfolgsgeheimnis“ aller Untergangspropheten. Wer ständig vor den großen Risiken und möglichen Krisen auf der Welt warnt, hat alle paar Jahre mal recht mit seiner Prognose. Weil das eine oder andere Risiko vom Konsens der Marktteilnehmer nicht richtig eingeschätzt wurde.

Einen schwarzen Schwan exakt vorherzusagen ist jedoch nicht möglich. Sie sind per Definition nicht (sicher) prognostizierbar.

In diesem Zusammenhang fallen mir immer zwei Aussagen einer der erfolgreichsten Fondsmanager der Welt – Peter Lynch – ein: 

„Far more money has been lost by investors preparing for corrections or trying to anticipate corrections than has been lost in corrections themselves.”

Peter Lynch

„Niemand war je in der Lage, die Börse vorherzusagen. Es ist eine totale Zeitverschwendung. In der von Forbes veröffentlichten Hitparade der Reichen der Welt war noch nie ein Börsentiming-Experte vertreten.“

Peter Lynch

Fazit

Nächstes Jahr kommt, wie oben beschrieben, so einiges für Anleger zusammen. Es dürfte mit hoher Wahrscheinlichkeit größere Herausforderungen mit sich bringen als das Jahr 2021. Sicher dürfte sein, dass die Aktienmärkte wieder volatiler werden. Der DAX fällt im historischen Durchschnitt beispielsweise zweimal um mehr als 10 % in einem Jahr. Dieses Jahr noch nicht einmal.

Das größte Risiko für die Kapitalmärkte dürfte jedoch die sehr große Anzahl neuer und unerfahrener Investoren sein. Die Daten zeigen eindeutig, dass die Mittelzuflüsse an den internationalen Aktienmärkten im letzten Jahr noch einmal enorm angestiegen sind.

Auch in meinem Unternehmen konnte ich eine deutliche Zunahme an Depoteröffnungen in den vergangenen Monaten verzeichnen. Gründe hierfür sind die Inflation, die fehlende Alternative bei festverzinsten Anlagen, das Verwahrentgelt und die Angst den großen Gewinn der anderen zu verpassen.

Die Alternativlosigkeit von Aktien führt dazu, dass auch unerfahrene Anleger bis zum Hals in Aktien investiert sind. Obwohl die aktuelle Stimmung an den Märkten eher vorsichtig ist, werden sich viele der neuen und unerfahrenen Anleger wohl als „zittrige Börsianer mit schwachen Händen“ erweisen.

Reale Wertentwicklung verschiedener Anlageformen
Quelle: LOYS AG – Oktober 2021

Sobald es ungemütlicher an den Börsen wird, werden viele der unerfahrenen Anleger nervös werden. Sie werden sich an ihren Vorsatz langfristig in produktive Unternehmen investieren zu wollen nicht mehr erinnern. Sie haben dann den Unterschied zwischen Aktienpreis (dieser schwankt stark) und Aktienwert (wesentlich geringere Schwankung) vergessen. Sie wollen dann nur noch eins – so schnell wie möglich verkaufen (um dann später natürlich wieder zu niedrigeren Kursen einzusteigen und somit der Börse ein Schnäppchen zu schlagen).

Genau dies verdeutlicht ihre Unerfahrenheit. Kapitalmärkte lassen sich kurz- bis mittelfristig einfach nicht sicher prognostizieren. Aber sehr viele unerfahrene Anleger glauben, dass genau dies möglich ist. Sie glauben Aktien in guten Phasen halten zu können und in schlechten Zeiträumen einfach am Seitenrand abwarten zu können.

Ein alter Börsenspruch lautet: „Wer keine Aktien hält, wenn sie fallen, der hält auch keine, wenn sie steigen.“ Das Halten der Aktien auch in schwierigen Phasen ist genau das Risiko, das jeder Investor ertragen muss, wenn er langfristig mit Aktien erfolgreich sein möchte. Wer glaubt das Risiko nicht tragen zu müssen und dennoch hohe Renditen erzielen zu können, unterliegt einem Wunschdenken.

„Erst wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer keine Badehose anhat.“

Warren Buffett

Gerade die geringere Liquiditätsversorgung der Märkte durch die Notenbanken wird zu einer „Ebbe“ führen. Die massive Geldflut der vergangenen Jahre hat viele Preise – auch z.B. von schlechten Unternehmen oder dem Grunde nach nicht rentierlichen Geschäftsmodellen – steigen lassen und stellenweise sogar zu massiven Preisblasen geführt.

Bereits in meinem letzten Geldanlage Blog habe ich darauf hingewiesen, dass viele neue Anleger überzogene Renditeerwartungen haben und gleichzeitig noch nie mit den Risiken eines Investments konfrontiert waren. Renditen von 10, 20 und 30 % p.a. sind nicht normal, sondern extrem außergewöhnlich. Der breite Aktienmarkt erlebt immer wieder einmal massive Rückschläge in Höhe von bis zu 50 %. Dies ist keine Seltenheit. Die Kursverluste bei einzelnen Aktien oder anderer Investments können sogar deutlich höher ausfallen.

Ein Zitat von John Bogle (Gründer der Vanguard Group) beschreibt es treffend:

„Wenn Sie ein Problem damit haben, sich einen 20-Prozent-Verlust am Aktienmarkt vorzustellen, dann sollten Sie am Aktienmarkt nicht investiert sein.“

John Bogle

Jeder Anleger muss sich darüber bewusst sein, dass die Rettung durch die Notenbanken, wie wir es in den letzten Jahren seit 2008 immer und immer wieder erlebt haben, heute evtl. nicht mehr so selbstverständlich ist. Der zukünftige Handlungsspielraum der Zentralbanken wird u.a. durch die hohen Inflationszahlen geringer sein.

Die extrem guten Börsenjahre der vergangenen Jahre mit enormen Renditen und ohne langfristig spürbare Risiken lassen sich nicht einfach so fortschreiben. Die Luft wird dünner und es wird spannend zu beobachten sein, wer am Ende alles keine Badehose anhat.

Trotz aller Bedenken und möglicher Risiken gehen die meisten Marktexperten auch für 2022 in ihren Basisszenarien von einem guten Aktienjahr mit normalen Renditen von rund 7 % p.a. aus. Aber selbst wenn am Ende 2022 ein gutes Aktienjahr werden sollte, so doch nur mit deutlich erhöhten Schwankungen. Sollte sich eine oder mehrere der hier genannten oder völlig neuen Risikofaktoren als möglich schwarze Schwäne herauskristallisieren, werden gerade auch die „schwachen Hände“ der unerfahrenen Anleger die Stärke der jeweiligen Korrektur deutlich verschärfen. 

Portfolioausrichtung:

In einem Umfeld steigender Zinsen und des Liquiditätsentzugs könnten gerade die in den letzten Jahren so stark gelaufenen Wachstumsunternehmen ins Stottern geraten. Der Grund: Die Gewinnerwartungen von Wachstumsunternehmen dürften zurückgehen und gleichzeitig erhöht sich der Diskontierungsfaktor der zukünftigen Gewinne – somit verschlechtern sich die Bewertungsfaktoren, die Unternehmen verteuern sich schlagartig und werden für Anleger viel weniger attraktiv.

Sollte dies so eintreten, wird es sich auch bei den Indexinvestments wie z.B. ETFs oder Indexfonds negativ bemerkbar machen. Gilt z.B. der MSCI World heute als gutes Basis-Investment mit breiter Streuung und sehr ordentlicher Rendite, sah das Bild früher ganz anders aus. Die gute Performance des Index im vergangenen Jahrzehnt kommt insbesondere durch die hohe Gewichtung der USA (über 60 %) und dem dortigen starken Gewicht der wachstumsstarken Technologieunternehmen, den sog. FAANGM-Aktien, zustande.

Beides brachte dem Index im vergangenen Jahrzehnt eine ansehnliche Überrendite durch seinen β-Faktor (Der Beta-Faktor gibt die Beziehung zwischen der Kursentwicklung einer Aktie und einem Index an und zeigt die Sensitivität des Aktienkurses auf die Veränderung des Indexstands.) ein. Zukünftig könnte es wieder stärker auf den α-Faktor (Die Kennziffer Alpha veranschaulicht die abweichende Wertentwicklung eines Fonds gegenüber der Entwicklung der verwendeten Benchmark. Das Alpha misst jenen Teil der Rendite, der nicht mit der allgemeinen Marktentwicklung zu erklären ist, sondern auf der Auswahl von Aktien innerhalb dieses Marktes beruht.) und die Qualität des Portfolios ankommen.

In den vergangenen Wochen konnte man die negativen Auswirkungen gestiegener Zinserwartungen und des Liquiditätsentzugs für Wachstumswerte bereits deutlich erkennen. Viele Wachstumswerte mussten deutliche Wertverluste hinnehmen. Das eindeutig veränderte Stimmungsbild bzgl. der Zinsen kam deutlich früher als von mir erwartet. Diese Entwicklung gilt es jetzt genau im Auge zu behalten und gegebenenfalls schneller als eigentlich vorgesehen zu reagieren. Im neuen Jahr könnte sich Value besser als Growth und Qualität besser als Chance entwickeln. Dies gilt es dann in den Portfolien entsprechend umzusetzen.

Trotz der bestehenden Risiken in China bleiben wir dort weiterhin investiert. Auch wenn wir den Boden dort wahrscheinlich immer noch nicht gefunden haben. Die Chancen in der (noch) zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt überwiegen aus meiner Sicht die Risiken. Den China Fonds von HSBC werde ich in den kommenden Wochen jedoch aus dem Portfolio in eine andere Alternative tauschen. Das Fondsmanagement konnte mich in den vergangenen Wochen auch in mehrfachen Konferenzen und Gesprächen nicht mehr überzeugen, so dass wir die Chancen in China nun über einen anderen Fonds abbilden werden.

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Herausgeber: SK Finance Consulting

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Über mich

Börsianer mit Leib und Seele. Jahrgang 1975. Geboren in Koblenz. Wohnorte Frankfurt am Main und Berlin. Seit über 25 Jahren beschäftige ich mich intensiv mit den internationalen Finanz- und Kapitalmärkten.

Sascha Knapp

 

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