Die Finanzmärkte zeigen sich wieder einmal von ihrer unlogischen Seite: Freundliche Konjunkturdaten ziehen derzeit nicht steigende, sondern fallende Aktienkurse nach sich (vice versa). Hinter diesem widersprüchlichen Verhalten steht die Sorge, die zunehmende Eigendynamik im Wirtschaftsaufschwung würde zu einem Ende der extrem expansiven Geldpolitik der US-Notenbank führen. Und wenn die Fed nicht mehr ihre schützende Hand in Form weiterer Anleihekäufe über die Märkte halte, drohe die Konjunkturbelebung in sich zusammenzufallen. Risikobehaftete Assets würden entsprechend unter die Räder kommen. Die Bereitstellung von Liquidität durch die Notenbanken bleibt also weiterhin das beherrschende Thema an den Kapitalmärkten.
Die momentan vorhandene extreme Niedrigzinsphase stellt sicherlich das Ende der 30-jährigen Hausse im Anleihesektor dar. Alle vermögensverwaltenden Ansätze konnten in der Vergangenheit von der tollen Performance der Anleihen profitieren. Durch den Status als sog. „sicherer Hafen“ stellen Anleihen immer noch den mit Abstand größten Anteil in den Vermögensverwaltungsstrategien dar. Dies stellt in der momentanen Niedrigzinsphase nicht nur aufgrund fehlender Renditemöglichkeiten ein Problem dar, sondern bei steigenden Zinsen beinhalten diese Positionen auch ein erhebliches Risiko (siehe „Die Jahrhundertblase“). Zudem ist das Fehlen jeglicher Erfahrungswerte aller Marktteilnehmer in Bezug auf die Vermögensaufteilung in einer Niedrigzinsphase sehr problematisch.
Wie steht es z.Zt. um die einzelnen Vermögensklassen?
Aktien
- Bereits seit 2009 befinden sich die globalen Aktienmärkte in einer ausgeprägten Aufschwungphase (viele Privatinvestoren haben an dieser Entwicklung, wie so oft, leider nicht partizipiert). Die Aktien der sog. entwickelten Volkswirtschaften (insb. deutsche, amerikanische und japanische) haben 2012 und im ersten Quartal 2013 hohe Kursgewinne erzielt. Die Bewertungen sind nicht mehr billig, liegen aber immer noch unterhalb oder um die langfristigen Durchschnittswerte. Das durchaus faire Bewertungsniveau begrenzt das Risiko nach unten, auch wenn es, wie aktuell zu beobachten, nach kräftigen Kursanstiegen zu Korrekturen kommt.
- Mittel- bis langfristig dürfte der Risikoaufschlag von Aktien gegenüber anderen (bislang als sicherer geltenden) Anlageklassen (insbesondere bei steigenden Zinsen) weiter schrumpfen. Dadurch werden Aktien als Anlageklasse für institutionelle Investoren noch attraktiver werden, was wiederum Chancen für Privatanleger mit sich bringen dürfte.
- Schwellenländeraktien hatten es in der jüngeren Vergangenheit nicht leicht. Der in den ersten Monaten des laufenden Jahres deutlich spürbare Rückgang der Wachstumsdynamik in diesen Ländern haben viele der dortigen Indizes ins Minus drehen lassen. Die expansive Wirtschaftspolitik seit Sommer des vergangenen Jahres konnte die Wirtschaft der Schwellenländer bisher nicht stimulieren. Es überrascht deshalb nicht, dass schon seit einigen Monaten die Leitzinsen in vielen Schwellenländern mit Ausnahme von Brasilien gesenkt werden.
- Mit Blick auf eine erwartete (aber auch sehr stark differenzierte) Wachstumserholung im zweiten Halbjahr 2013 einerseits und wieder zunehmender Volatilität andererseits wird es verstärkt auf die Einzeltitelauswahl ankommen. Die Normalisierung der Aktienmärkte in punkto Korrelation zwischen einzelnen Aktien ist eine der wichtigsten und erfreulichsten Entwicklungen. Der Gleichschritt der Werte nimmt weiter ab – was den Markt weniger anfällig für Schocks macht und den Einfluss der Einzeltitelwahl durch aktive Fondsmanager auf die Rendite unterstreicht.
Anleihen
- In den vergangenen Wochen konnte man gut beobachten was passiert, wenn die Renditen langlaufender Anleihen von einem sehr niedrigen Niveau ausgehend ansteigen. Beispielsweise ist die Rendite von Bundesanleihen mit einer zehnjährigen Restlaufzeit aktuell im Monatsvergleich um 33 Basispunkte angestiegen. Damit einhergehend betrug der Rückgang in der Wertentwicklung (Kurs plus anteiliger Coupon) über 2 %. Ein Anstieg der Rendite um 1 %-Punkt (100 Basispunkte) würde bei langlaufenden Staatsanleihen zu einem Rückgang der Wertentwicklung von über 9 % führen (was bei einem höheren Anstieg der Rendite passieren würde – siehe „Sauren-Studie – Die Zinsfalle“).
- Das diese Rückgänge der Wertentwicklung bei den Anleihen sich unmittelbar negativ auf die Performance verschiedener Investments auswirkt, konnte man im letzten Monat auch sehr gut an den Verlusten vieler vermögensverwaltender Fonds erkennen. Hier musste sogar der Carmignac Patrimoine, der in den vergangenen Jahren aufgrund seiner Performance zu recht zu den beliebtesten vermögensverwaltenden Fonds überhaupt gehörte, im Mai ein kleines Minus ausweisen.
- Die Spreads („Aufschlag/Spanne“) der Renditen sind in den vergangenen Monaten weiter zusammengelaufen. Die Suche der Investoren nach Rendite hat mittlerweile die Kurse aller Anleihebereiche ansteigen lassen, sodass hier keine attraktive Risk-Reward-Verhältnisse mehr vorliegen.
- Eine eindeutige „große Rotation“ von Anleihen in Aktien lässt aber bislang, wie erwartet, auf sich warten. In erster Linie sind global Mittelflüsse von geldmarktnahen Produkten in Anleihen und Aktien zu beobachten. Allerdings halten die Deutschen weiterhin nicht nachvollziehbar hohe Bestände (ca. 40 Prozent ihres rund 5 Billionen Euro umfassenden Geldvermögens) in Form von Bargeld oder Bankguthaben und erzielen damit keine Realrenditen (ein Grund für die im internationalen Vergleich geringen Pro-Kopf-Vermögen der Deutschen). Der große Umschwung von Anleihen in Aktien wird wohl frühestens dann einsetzen, wenn Investoren mit ihren Anleihen bei einer Zinserhöhung plötzlich deutliche Verluste einfahren.
Rohstoffe
- Der sog. „Rohstoff-Superzyklus“ (immer wieder verleiten solche Marketingbegriffe Investoren zu falschen Entscheidungen) ist in den letzten Monaten ebenfalls (zum Teil stark) unter die Räder kommen. Das gilt auch für den Goldpreis, bei dem Investoren in nächster Zeit vorsichtig sein sollten. Üblicherweise korrelieren Gold und Rohstoffe insgesamt mit der US-Dollar-Entwicklung. Die gestützte erneute US-Dollar-Stärke deutet also auf eine nachhaltige Wachstumsverlangsamung der Rohstoffmärkte hin. Langfristig wird aber auch diese Anlageklasse als Sachwert und mit ihrer natürlich bedingten Knappheit wieder einen wichtigen Beitrag im Portfolio spielen.
Fazit
Die Diskrepanz zwischen einem volkswirtschaftlich gemischten Bild und der insgesamt sehr positiven Entwicklung der Aktienmärkte in den vergangenen Monaten, hat in den vergangenen Wochen (insbesondere aus Sorge um die Reduzierung der Liquiditätsversorgung) zu einigen Kursverlusten bei risikobehafteten Assets geführt. Diese Kursrückgänge haben uns auf ein gesünderes Bewertungsniveau gebracht und gleichzeitig dafür gesorgt, dass sich die zum Teil sehr hohen Stände bei den Stimmungsindikatoren wieder etwas abgeschwächt haben.
Es ist vollkommen normal, dass sich der Markt zeitversetzt prozyklisch entwickelt und es zwischenzeitlich auch zu Rücksetzern von 5 bis 10 Prozent kommt. Die Preisfrage lautet: Treffen der Aktienmarkt und die wirtschaftliche Realität der Unternehmen sich, indem die Makrodaten sich verbessern oder indem Aktienkurse nach unten korrigiert werden? Momentan steht im Mittelpunkt der Betrachtung, dass zwischen dem Zutrauen der Finanzmärkte in die Eigendynamik des Konjunkturaufschwungs und der behutsamen Vorgehensweise beim Kurswechsel der Notenbank die wirtschaftliche Erholung nicht gefährdet wird. Sollte dies gelingen, stellt sich damit mittelfristig das Umfeld für risikobehaftete Assets freundlich dar und die sicheren Häfen dürften spiegelbildlich unter Druck bleiben.
Portfolioausrichtung:
Aufgrund der fehlenden Erfahrung aller Marktteilnehmer in einem Niedrigzinsumfeld wird es wichtig sein, die Portfolien (insbesondere auch im Anleihebereich) noch breiter zu diversifizieren. In den vergangenen Jahrzehnten mussten die Fondsmanager im Rentenbereich sich nur ganz selten bei steigenden Zinsen beweisen. Es wird daher wichtig sein, sehr gute Fondsmanager mit flexiblen Produkten zu finden, die unabhängig von der Zinsentwicklung positive Ergebnisse erzielen können.
Der Einbau von sog. Absolute Return Produkten wird dabei ein wichtiger Baustein bei der Absicherung sein. Ebenfalls wird es wichtig sein, dass die Anleihefonds eine kurze Duration (durchschnittliche Kapitalbindungsdauer – Immunisierung gegen Zinsänderungen) durch eine entsprechende Senkung der Anleihelaufzeiten in ihrem Portfolio haben. In vielen Fonds (reine Rentenfonds oder auch vermögensverwaltende Misch- bzw. Dachfonds) der Kundenportfolien konnte diese Entwicklung in den vergangenen Wochen bereits beobachtet werden. Auch wird das Fondsvolumen zukünftig eine noch stärkere Rolle spielen. Fonds mit sehr großen Volumen wird es bei Kursrückgängen im Anleihebereich nur sehr schwer gelingen, die betreffenden Positionen abzubauen. Damit wird es auch notwendig werden, Positionen in einigen sehr bekannten und beliebten Fonds zu reduzieren. Die hohen Volumen in diesen Fonds stellen zum Teil ein beträchtliches Risiko dar.
Auch diesmal stellt die Verlustvermeidung eines der wichtigsten Ziele meiner Portfolioausrichtung dar. Sollte es zu starken Kursverlusten bei den Anleihen kommen, „zerstört“ man schnell das Ergebnis des gesamten Portfolios. Denn anders als bei Aktien, die ohnehin stärker schwanken und Kursverluste auch wieder durch Kursanstiege (selbst wenn es lange dauert) kompensieren können, bekommen Sie am Ende der Laufzeit einer Anleihe jedoch nur max. 100 % zurück.
Haftungsausschluss:
Die vorliegenden Unterlagen dienen ausschließlich der Information. Sie stellen kein Angebot und keine Aufforderung dar, Wertpapiere oder andere Finanzinstrumente zu kaufen oder zu verkaufen oder Anlageberatung oder Anlagedienstleistungen in Anspruch zu nehmen. Alle hier veröffentlichten Informationen und Anlagen ersetzen keine individuelle anleger- und anlagegerechte Beratung!
Die Jahrhundertblase (FondsProfessionell) SaurenStudie-DieZinsfalle